In eigener Sache: Informationen zum Bauprojekt der WAV in Kreuzstetten/Bäckergasse
Nun haben auch wir in Kreuzstetten die III. Instanz im Bauverfahren hinter uns. Aus diesem Anlass nochmals ein Überblick über die Geschehnisse der letzten 5 Jahre:
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Herbst 2012: In der Bäckergasse sollen zwei Grundstücke von einer Wohnbaugenossenschaft gekauft worden sein. Der damalige Bürgermeister spricht von einer Wohnhausanlage mit 16 Wohnungen und betreutem Wohnen. Die Nahwärmeleitung wird gleich vorab bis zur Grundstücksmitte des Projektes verlängert.
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Nov. 2012: in der Gemeinderats-Sitzung wird das Projekt vorgestellt. Geplant ist eine Wohnhausanlage mit nunmehr 29 Wohnungen. In der Präsentation wird insbesondere auf die Tiefgarage sowie auf Besucher- und Behindertenparkplätze vor der Wohnanlage auf dem Niveau der Bäckergasse hingewiesen. Eine Bauverhandlung für den 29.11.2012 wird angekündigt.
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Anrainerversammlung und Gründung der Bürgerinitiative „Dorf bleiben“; 300 Unterstützer sprechen sich gegen großvolumige Wohnbauten in unserem Dorf aus; Vernetzung mit anderen Bürgerinitiativen.
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24. Jänner 2013: WAV (Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Waldviertel) kauft die beiden Grundstücke in der Bäckergasse um jeweils 110 €/m².
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22.4.2014: erstes Bauansuchen; 1. Bauverhandlung am 23.7.2014 Verhandlungsdauer: mehr als 5 Stunden; ausführliche Einwendungen der Anrainer und Nachbarn; Kritikpunkte: fehlerhaftes Ortsbildgutachten, u.v.m. Beachtenswert: Die Besucher- und Behindertenparkplätze auf dem Niveau der Bäckergasse sind nicht mehr in den Planunterlagen enthalten. Stattdessen finden sich Schächte zur Tiefgaragenentlüftung an deren Stelle; Pro Wohneinheit ist nur ein Parkplatz vorgesehen – bei Einfamilienhäusern wurden bisher zwei Kfz-Stellplätze auf Eigengrund von der Baubehörde verlangt. Zahlreiche Verbesserungsaufträge des Bausachverständigen an den Planer.
Dieses Bauverfahren wird nicht weitergeführt
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23.10.2014: zweites Bauansuchen; (2. Bauverhandlung für 12.2.2015 angekündigt; unveränderte Pläne und sonstige Beilagen;)
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25.1.2015 Gemeinderatswahl (neuer Bürgermeister = neue Baubehörde)
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1.2.2015 Neue NÖ Bauordnung tritt in Kraft
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2.2.2015 WAV zieht Bauansuchen zurück
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offizielle Begründung: „die neue Bauordnung macht es nötig“
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möglicher tatsächlicher Grund: Neue Gesetzeslage bzgl. der geplanten Geländehöhenveränderungen – diese macht Projekt in dieser Form erst möglich. Das Gebäude entspricht nur der Bauklasse II, wenn auf das ursprüngliche Gelände angeschüttet wird; ansonsten wäre das Bauprojekt als Bauklasse III einzustufen und ………
die ist bei uns nicht zulässig;
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28.9.2015: Drittes Bauansuchen; (3. Bauverhandlung: 2.5.2016; Planunterlagen ident mit den beiden vorigen Ansuchen; Bausachverständiger DI Kriz – Gebietsbauamt Korneuburg); fundierte schriftliche Einwendungen der Nachbarn und Anrainer; in der Bauverhandlung weisen die Nachbarn unter anderem auf falsche Höhenangaben und Probleme mit FF-Zufahrt hin. Ein neues Ortsbildgutachten vom 2.5.2016! (NÖ Landesregierung) wird vorgelegt; Verbesserungsaufträge des Bausachverständigen an den Planer
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10.6.2016: Gutachten bzgl. Gebäudehöhen u. deren Auswirkung auf Nachbargebäude (DI Kriz); zahlreiche Stellungnahmen der Nachbarn;
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11.1.2017: Positiver Baubescheid der I. Instanz (Bürgermeister);
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Es folgen ausführliche Einsprüche der Anrainer, auch wegen erheblicher ungelöster Probleme die die Gemeinde betreffen; z.B. Der Abwasserkanal wurde nicht geprüft, inwieweit dessen Dimensionierung für 29 zusätzliche Wohnungen ausreicht – er wurde seinerzeit nur für wenige Einfamilienhäuser ausgelegt. Die Bäckergasse hat im Abschnitt des Bauprojektes keinen Regenwasserkanal – Bei der geplanten vollflächigen Verbauung der Straßenfront besteht Überflutungsgefahr für die Nachbargebäude, Die Feuerwehrzufahrt entspricht nicht den technischen Richtlinien für den vorbeugenden Brandschutz.
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22.3.2017: erster positiver Baubescheid der II. Instanz (Gemeindevorstand): Die Einwände der Nachbarn und Anrainer werden abgelehnt. Lediglich ein Beweissicherungsverfahren wird den Nachbarn zugestanden.
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Erste Beschwerde der Anrainer beim Landesverwaltungsgericht (III. Instanz) – wegen Formalfehlers wird der Bescheid des Gemeindevorstandes aufgehoben
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23.05.2017: zweiter positiver Baubescheid der II. Instanz (Gemeindevorstand)
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Zweite Beschwerde der Anrainer an das Landesverwaltungsgericht;
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13.7.2017 Novellierung der Neuen NÖ Bauordnung; das Projekt wäre unter
dieser BO so nicht mehr zulässig - Umplanungen wären unumgänglich
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19.10.2017: Verhandlung am Landesverwaltungsgericht (mit neuem Richter, Bau-sachverständigen; Anwalt der Gemeinde; 5 Anrainer; 2 Vertreter der WAV)
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23.11.2017: Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes (einsehbar unter: www.ris.bka.gv.at/Lvwg/); unsere Beschwerde wurde abgewiesen.
Der Richter macht deutlich, dass er nur die Wahrung der subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn zu untersuchen hat (Standsicherheit, Trockenheit, Lichteinfall, Emissionen). Das Recht auf Trockenheit bestehender Bauwerke wurde wegen einer falschen Ausdrucksweise (wir sprachen in den Einwendungen von „Liegenschaft“ oder „Grundstück“ statt von „Bauwerken“) vom Richter als nicht eingewendet gesehen und somit abgelehnt. Die Einhaltung aller anderen Vorschriften zu einem Bauvorhaben, die die Baubehörde zu prüfen hätte, sind nicht Gegenstand der Bearbeitung durch das Landesverwaltungsgericht. Auf unsere Frage, wer das kontrolliert: ein Achselzucken des Richters. Ein Nachbar zu einem Bauprojekt hat kein Recht darauf, dass alle Vorschriften eingehalten werden (Wir müssen darauf vertrauen, dass die Behörde alles richtig macht). Wir zeigten einige Verstöße und Ungereimtheiten beim Projekt auf. Auch solche, die einen Nachteil für die Allgemeinheit darstellen. Um diese Belange müsste sich die Baubehörde (Bürgermeister, Gemeindevorstand) kümmern. Aber da es uns „nichts angeht“, wird aus „Falsch“ somit „Richtig“. Aber eines ist klar: sollte es zu Schäden z.B. durch Brand, Überflutung, Kanalprobleme… kommen, liegt die Haftung bei der genehmigenden Behörde. Wir haben oftmals auf rechtliche Probleme hingewiesen. Eine Behörde, die eine Baubewilligung erteilt und weiß, dass es Probleme gibt, muss im Schadensfall dafür einstehen.
Dieses komplexe Bauverfahren mit wenigen Worten zu beschreiben, ist schwer möglich. Wir haben sehr viel Zeit, Wissen und Energie in dieses Verfahren gesteckt und können von uns sagen, alles versucht zu haben, was Nachbarn und Anrainern vom Gesetz her rechtmäßig zusteht. Ob die Gemeindeverantwortlichen bei ihren Entscheidungen wirklich ebenso umsichtig gehandelt haben, müssen sie mit ihrem Gewissen ausmachen. Dies betrifft v.a. Belange rund um das Regionale und Örtliche Raumordnungsprogramm, das Ortsbild, die Verkehrs- und Kanalsituation, den Vorbeugenden Brandschutz und noch einiges mehr.
Wir wissen, dass eine Behörde objektiv zu handeln hat. Aber in einem Verfahren sollte sie immer trachten, einen Interessensausgleich herbeizuführen. Das nunmehr genehmigte Projekt entspricht vollständig dem bereits vor 5 Jahren eingereichten. Trotz aller aufgezeigten Nachteile.
Durch unsere Vernetzungen haben wir schon des Öfteren gehört, dass man als Anrainer großer Wohnbauprojekte im Verfahren - v.a. ohne Anwalt – keine Chancen hat. Wir können dies bestätigen. Die Verhandlung beim Landesverwaltungsgericht war in mehrerer Hinsicht mehr als ernüchternd. Dies näher zu erklären, übersteigt hier die Möglichkeiten. Aber es sei nur ein Beispiel genannt: In unserem Verfahren wurde vom Richter nachträglich für das Protokoll eine Fragestellung zu einem Befund und Gutachten (gerichtet an einen Bausachverständigen) geändert. Für uns Anrainer war es schon fatal, statt dem Wort „Bauwerk“ das Wort „Liegenschaft“ oder „Grundstück“ zu verwenden. (nur nebenbei: die Definition von „Liegenschaft“ ist „ein Grundstück mit oder ohne Bauwerk“).
Der aussichtslose Kampf hat sich trotzdem gelohnt. Wir haben sehr viel gelernt und viele Menschen kennen gelernt. Wir haben Einblick in die Arbeit der Behörden und Entscheidungsträger bekommen und wissen nun besser, wie man als Bürger wirksam sein kann. Aktivität fühlt sich besser an, als resignative Passivität.
Falls auch auf Sie ein derartiges Projekt zukommt, stehen wir gerne mit unserer Erfahrung zur Verfügung.
In diesem Sinne: Wir wünschen ein gutes und mutiges – ein aktives Jahr 2018!
Für die BI
Lisi Perschl
Kommentare
BI Dorf bleiben
Beim Beitrag vom 15.7.2014 (Presseinformation - Eklat bei der Bauverhandlung) bin ich (Christine Kiesenhofer) als Ansprechperson genannt. Deshalb die Information auch auf dieser Website: ich bin im Frühling 2017 aus der Bürgerinitiative ausgetreten, ich halte die in diesem Jahr gesetzten Aktionen nicht für sinnvoll. Ich distanziere mich von den Beschuldigungen der Gemeindeverantwortlichen und den Forderungen an die Gemeinde. Die Auseinandersetzung ist beendet, es gibt einen Sieger - dies ist zu akzeptieren. Mein Anliegen ist in die Zukunft gerichtet: ein gutes Miteinander im Sinne der Bevölkerung und der Bewohner der Bäckergasse. Näheres dazu hier: https://kreuzstettenaktuell.com/2017/06/08/bauvorhaben-der-wav-in-der-ba...