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Brief an Bürgermeister Maxmilian Titz - St.Andrä-Wördern

Offener Brief an Herrn Bürgermeister

Maximilian Titz

St. Andrä-Wördern

ACHTUNG, BEFRAGUNGS - FALLE!

                siehe Beitrag vom 22.10. Klick Hier

 

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

Unser Brief vom 22.5. blieb unbeantwortet. Dafür erschien in der NÖN am

25.6. die Jubelmeldung, das Ortszentrum-Konzept sei fertig.

https://www.noen.at/tulln/st-andrae-woerdern-neues-ortszentrum-konzept-ist-fertig-maximilian-titz-ulli-fischer-99512018

Am 21.3. meldete die NÖN jedoch nach der Bürgerversammlung im Musikschulsaal, dass es viele kritische Fragen zum Masterplan fürs Ortszentrum gibt und es war sogar noch von einer Volksbefragung die Rede.

Damals haben Sie auch eine Informationsbroschüre versprochen, die es bis heute nicht gibt.

https://www.noen.at/tulln/st-andrae-woerdern-viele-kritische-fragen-zum-masterplan-fuers-ortszentrum-gernot-mittersteiner-maximilian-titz-84764351

Am 22.6. beruhigt Frau Gemeinderätin Mag. Maria Weidinger-Moser die KURIER-Leser, dass für alle Anrainer genügend Licht und Sicht bleiben werde.

Und am kommenden Sonntag, dem 1. Juli 2018 werden Sie, Herr Bürgermeister Titz; samt Ihrem Team das Konzept in NÖ-Heute im ORF präsentieren.

Was von unseren Einwänden war unverständlich?

Wie ernst sollen die Bürger PolitikerInnen nehmen, die ein Beteiligungsverfahren inszenieren und dann dessen Ergebnisse einfach ignorieren, ohne darüber auch nur die geringste Diskussion mit der Bevölkerung zu suchen?

Unser Brief an Sie wurde zwar persönlich am Gemeindeamt abgegeben, aber vielleicht sind Sie ja nicht dazu gekommen, ihn zu lesen. Deswegen finden Sie ihn im Anschluß noch einmal.

Lisa Natterer

                                                                                              

                                                                                                Kirchbach, 22.5.2018

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

Die Vereinigung B4B – Bürger für Bürger fasst die intensiven Überlegungen zahlreicher Gemeindebürgerinnen und -bürger zum ergänzenden Ortsentwicklungskonzept betreffend das Projekt „Alter Sportplatz“ wie folgt zusammen:

1. Beteiligungsverfahren aus der Sicht der Bevölkerung:

Nach 3 „offenen Ateliers“ (Juni, September, November 2017) und einem weiteren, die Ergebnisse der 3 Ateliers zusammenfassenden „Ateliers“ im Jänner 2018, das nur noch eine sehr eingeschränkte Möglichkeit zu Meinungsbeiträgen bot, kam es am 15. März 2018 zur öffentlichen Präsentation des Masterplans (Ortsentwicklungskonzept) betreffend den von Rennerallee, Schloßgasse, Hauptstraße Franz Josefs-Gasse und Bahngasse umgrenzten Ortsteil von St. Andrä-Wördern. 

Am Anfang stand die blumige Vorstellung eines Projekts, das, knapp und einfach gesagt, 250 Wohnungen auf dem Areal des Sportplatzes und den daran anschließenden Gründen („Kögl-Gründe“) samt Supermarkt vorsah. Die Gründlichkeit der Vorarbeiten wurde mehrfach in Frage gestellt, u. a. durch Sätze wie „Ein neues Zentrum soll den bestehenden Hauptplatz nicht ersetzen, sondern der Hauptplatz soll durch ein neues Zentrum ebenfalls „gestärkt“ werden.“ Dabei stellt sich die Frage, welcher Platz mit diesem „Hauptplatz“ gemeint sein sollte.

Dementsprechend wurden schon beim 1. Atelier kritische Anmerkungen und sachlich durchaus berechtigte Bedenken gegen das Vorhaben vorgebracht. Sie richteten sich vor allem gegen die Dimension des Wohnbauvorhabens und dessen Auswirkungen auf Verkehr und Umwelt. Beim 2. Atelier wurde die Frage aufgeworfen, ob man vor Eingehen auf das vorgestellte Wohnbauprojekt nicht überlegen sollte, die wohl letzte reale Chance wahrzunehmen, in der Marktgemeinde so etwas wie ein Ortszentrum entstehen zu lassen. Diese Frage, so die ausdrücklicher Feststellung des befassten Architektenteams Mitterndorfer/Mitterbauer, war im ursprünglichen Auftrag nicht vorgesehen und wurde erst durch Einbindung der Bevölkerung in den Entwicklungsprozess des OEK zum Thema. Sehr rasch stellte es sich als ein allseits akklamiertes Ziel heraus, das aus der weiteren Diskussion nicht mehr wegzudenken war.

 

In diesem Zusammenhang sei auf § 14  Abs. 2, Z. 15 des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014   verwiesen:

„Bestehende oder geplante Ortskerne können <im Flächenwidmungsplan> als Zentrumszone im Flächenwidmungsplan festgelegt werden. Dabei ist von den vorhandenen Nutzungsstrukturen und dem Erscheinungsbild auszugehen. Die Planung neuer Zentrumszonen ist zulässig, wenn sie auf Grundlage eines verordneten Entwicklungskonzeptes erfolgt und zumindest eine dichte Wohnbebauung bereits vorhanden ist. Die dafür notwendigen Entwicklungsmaßnahmen müssen jedenfalls eine prozentuelle Verteilung der Flächen für Wohnen, Naherholung, Verkehr, öffentliche Einrichtungen, Dienstleistungen inkl. Handel sowie soziale Infrastruktur beinhalten und sichergestellt werden. Zentrumszonen dürfen nur innerhalb einer bestehenden zusammenhängenden Siedlungseinheit mit mindestens 1.800 Einwohnern festgelegt werden. Zentrumszonen dürfen auch in Ortschaften oder Teilen davon mit mindestens 1.000 Einwohnern festgelegt werden, wenn in angrenzenden Ortschaften zumindest 800 Einwohner beheimatet sind. Dieser Einzugsbereich ist durch Gemeinderatsbeschluss bzw. übereinstimmende Gemeinderatsbeschlüsse zuzuordnen. Zentrumszonen müssen weiters folgende Kriterien aufweisen:

eine gute Verkehrsanbindung im individuellen und/oder öffentlichen Verkehrsnetz, welche auch die Ansiedlung von Handelseinrichtungen zulässt

 

dichtere Baustrukturen als der Umgebungsbereich und einen Durchmischungsgrad von Wohn- und anderen Nutzungen (z. B.: öffentliche Einrichtungen, Büros, Handels- und Dienstleistungsbetriebe), der über das in Wohngebieten übliche Ausmaß deutlich hinausgeht.“

 

 

Die Architekten mussten nun zwischen dem ursprünglichen Auftrag „der Politik“, der auf Maximierung von Wohnbauten ausgerichtet war, und dem neu hinzugekommenen Aspekt des Ortszentrums einen planerischen Spagat versuchen, der ohne „zurück an den Start“ zum Scheitern verurteilt war. Das Resultat:

  • Die Zahl der Wohnungen wurde nicht in dem aus mehreren Gründen erforderlichen Maß reduziert
  • Der verbleibende „Rest“ des Areals reicht für ein lebendiges Ortszentrum bei weitem nicht aus, von Raumreserven für eine stetige Ausweitung zentraler Funktionen ganz zu schweigen
  • Dem Gedanken eines Ortszentrums stehen baulich notwendige Ausführungen entgegen, die abweisend statt einladend wirken (z. B. riegelförmige, geschlossene Baukörper als Abschluss eines zu kleinen Platzes, über die Oberfläche ragende Garagenbauten)
  • Die Auswirkungen eines Ortszentrums auf die angrenzenden Ortsteile, insbesondere Dorfplatz, Hauptstraße/Hagenbach und Bahnhofsgebiet blieben weitgehend unberücksichtigt
  • Ebensowenig wurden die Veränderungen des Verkehrs unter dem neuen Aspekt mengenmäßig prognostiziert
  • Es fehlen konkrete Vorschläge, durch welche Maßnahmen das erklärte Ziel, eine Gentrifizierung oder Ghettobildung zu verhindern, erreicht werden sollte

2. Das präsentierte Ergebnis

Am Ende der aufwändigen Atelierveranstaltungen wurde ein Projekt mit etwa 10% weniger Wohnungen und einem angedachten  „Ankerbetrieb“ – wohl der ursprünglich vorgesehene Supermarkt? - präsentiert, der die vorgesehene Schlafstadt zieren soll.

Schon nach dem zweiten Atelier hätte es den Beteiligten klar sein müssen, dass mit dem überwältigenden positiven Echo auf den Gedanken des Ortszentrums eine neue Situation eingetreten ist, die eine neue Ausgangsbasis für jegliche Planung erfordert.

 

Dabei wäre zu klären gewesen:

  • was ist unter einem Ortszentrum zu verstehen?
  • Wie soll ein Ortszentrum einer Gemeinde mit mehreren Kern- und zahlreichen Streulagen aussehen? Wie sollte es sich weiter entwickeln können?
  • Wieviele Baueinheiten und davon abhängig wieviele Wohnungen verträgt ein solches Zentrum und wie sollen diese ausgestattet werden?
  • Inwieweit wird damit den Erfordernissen des § 14  Abs. 2, Z. 15 des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014 Rechnung getragen? 
  • Wie ist die Verkehrserschließung eines solchen Zentrums zu planen?
  • Welcher Zeithorizont ist für das Werden eines solchen Zentrums anzudenken?
  • Was kann und soll die Gemeinde zu diesem Werden beitragen?

Eine solche Revision ist kein Fehler, im Gegenteil. Bürgerbeteiligungsverfahren haben sogar vorrangig die Aufgabe, neue, aus der Bevölkerung kommende Ideen einzubringen. Es war noch nie ein Fehler, auf die Wünsche der Bevölkerung nach optimaler Gestaltung ihres Lebensraumes nachzukommen, sondern im Gegenteil ein Zeichen politischer Klugheit und Weitsicht. Auch die Architekten haben ja versucht, dem aus der Bevölkerung stammenden Verbesserungsgedanken Rechnung zu tragen – allerdings nur im Rahmen ihres Auftrags, der sich nun als änderungsbedürftig erwiesen hat. Es wäre allerdings grundfalsch, ihn aus der rückblickenden Perspektive zu verurteilen. Die in den Ateliers gewonnenen Erkenntnisse sollten uns einen neuerlichen oder ergänzenden Auftrag unter Berücksichtigung aller, insbesondere auch verkehrsmäßiger Anregungen, Bedenken, Vorschläge wert sein. Vielleicht sollten dazu vor allem Architekten aus der Bürgerschaft mit fundmentalen Ortskenntnissen zumindest beratend beigezogen werden. Es geht schließlich um eine nicht wiederkehrende Gelegenheit, der Marktgemeinde St. Andrä-Wördern jenes Zentrum zu geben, das zu schaffen anlässlich der 1972 erfolgten Zusammenlegung ihrer früheren sieben Gemeinden und auch in späteren Ortsentwicklungskonzepten verabsäumt wurde.

3. Ablehnungsgründe

  1. In der präsentierten Form, die bei weitem nicht der überwiegenden Bevölkerungsmeinung entspricht, wird das präsentierte Ergebnis daher wegen seiner mangelnden Vereinbarkeit mit der Entwicklung eines Ortszentrums abgelehnt.
  1. Das präsentierte Ergebnis ist aber auch aus einem anderen Grund entschieden abzulehnen. Dabei richtet sich diese Ablehnung nicht grundsätzlich gegen die Idee, den Fußballplatz von der Rennerallee an einen periphereren Ort innerhalb der Gemeinde zu verlegen. Es wäre allerdings angebracht, auch diesen Anstoß für die planerischen Überlegungen einer Diskussion mit der Bevölkerung zu unterziehen. Die Ablehnung ist vielmehr darin begründet, dass mit der Sportplatzverlegung eine Großbaustelle eröffnet werden müsste, deren Ende in einem nicht in Jahren, sondern Jahrzehnten bemessenen Zeithorizont liegen würde, was angesichts der Tatsache, dass es in der Gemeinde noch andere Großbaustellen (Hochwasserschutz, Kanalnetz) gibt, deren Beendigung noch nicht abzusehen ist und die die Gestaltung des Planungsgebietes beeinflussen können, ausgesprochen leichtfertig wäre.
  1. Erst nach endgültiger Lösung dieser anstehenden Fragen wird es möglich sein, die für das angedachte Ortszentrum erforderlichen Machbarkeitsstudien

ernsthaft in Angriff zu nehmen. Es wäre noch leichtfertiger, ohne solche Machbarkeitsstudien (rechtliche, technische und wirtschaftliche Machbarkeit) das Sportplatzabsiedelungsprojekt in Angriff zu nehmen; dies käme einem gefährlichen Blindflug gleich, der sich ja schon in den Ateliers mehrfach durch die Weigerung, finanzielle Folgen des Projekts auch nur anzudiskutieren, angekündigt hatte.

4. Konstruktive Anregungen und Bitten

Aus der Bevölkerung kommt dabei abseits jeglichen parteipolitischen Kalküls die dringende Bitte an die Gemeindeverantwortlichen, insbesondere an den Herrn Bürgermeister, dem breiten Wunsch nach Schaffung eines Ortszentrums dadurch Rechnung zu tragen, dass

  • vor allen weiteren Schritten die bestehenden „Baustellen“, vor allem auf dem Gebiet des Hochwasserschutzes (einschließlich Kanalnetz) abgeschlossen werden, bevor neue Projekte geplant und in Angriff genommen werden,
  • ein Ortszentrum der Umgestaltung des Plangebietes zugrunde gelegt werde,
  • die Zahl der darin vorzusehenden Wohneinheiten im Sinne des NÖ Raumordnungsgesetz 2014 geplant wird,
  • die von der Gemeinde zu veranlassenden Voraussetzungen und Einrichtungen für die Gestaltung eines Ortszentrums konkret festgelegt werden,
  • eine umfassende Machbarkeitsstudie inklusive zu erwartende Dauer der Umsetzung in Auftrag gegeben wird und
  • all diese Maßnahmen unter frühzeitiger und ergebnisoffener Beteiligung der Gemeindebevölkerung in Angriff genommen werden.

 

Lisa Natterer

Obfrau
B4B – Bürger für Bürger

 

 

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