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1. ÄNDERUNG DES UVP-G BESCHNEIDET PARTEISTELLUNG VON UMWELTORGANISATIONEN

Das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G) wird derzeit überarbeitet. Der aktuelle Entwurf für eine Novelle führt zu einer drastischen Verschärfung der Voraussetzungen für die Parteistellung bzw Beteiligung von Umweltorganisationen in Umweltverfahren, die weder mit den Vorgaben der Aarhus Konvention, dem Unionsrecht, noch mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen vereinbar sind. Im Ergebnis haben sowohl Umweltorganisationen als auch Projektwerbende mit vermehrter Rechtsunsicherheit zu rechnen.

 

Verschärfungen Schritt für Schritt
Der im Juni veröffentlichte Ministerialentwurf zur Änderung des UVP-G hatte eine überfällige Anpassung des UVP-G an die UVP-Änderungsrichtlinie 2014/52/EU zum Ziel, wie etwa eine transparentere Gestaltung des Screening-Verfahrens (Einzelfallprüfung) oder die Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels, der Bodenversiegelung und der Katastrophenrisiken von UVP-Projekten. Zudem wollte der Gesetzgeber Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von UVP-Verfahren setzen.

Umgesetzt wurden letztere Pläne durch die Regelung, dass Beweisanträge und neue Vorbringen nur noch bis zum Schluss der Verhandlung möglich sind, was in Anbetracht des Umfangs der im Zuge von UVP-Verfahren vorgebrachten Unterlagen eine Erschwernis für Umweltorganisationen, BürgerInneninitiativen und NachbarInnen darstellt. Zudem wurden anerkannte Umweltorganisationen dazu verpflichtet, auf Verlangen sowie im Abstand von 5 Jahren der Bundeministerin Unterlagen vorzulegen, die das Fortbestehen der Anerkennungskriterien belegen. Die effizienzsteigernde Wirkung dieser Verpflichtung ist ebenso fraglich, wie die im Entwurf vorgesehenen Einführung einer Standortanwaltschaft, welche die „Einhaltung von Vorschriften über öffentliche Interessen, die für die Verwirklichung des Vorhabens sprechen“ im UVP-Verfahren geltend machen soll. Nach dem regulären Begutachtungsverfahren wurde der Ministerialentwurf der UVP-G-Novelle im Ministerrat nochmals abgeändert. Laut der nunmehrigen Regierungsvorlage wurde das Intervall zum Nachweis der Anerkennungskriterien von 5 auf 3 Jahre verkürzt.
Gut zwei Wochen später brachten die Regierungsparteien im Umweltausschuss einen Abänderungsantrag ein, laut dem Umweltorganisationen nur unter der Voraussetzung anerkannt und in Folge als Partei zugelassen werden können, wenn sie aus mindestens 100 Mitgliedern bestehen. Dies soll durch Vorlage einer Liste mit Namen und Anschriften dieser 100 Mitglieder nachgewiesen werden.

Konsequenzen
Die Änderung des UVP-G über die Anerkennung von Umweltorganisationen würde sich in einer Vielzahl von Umweltverfahren auswirken, da etwa auch die Gewerbeordnung 1994 (GewO) und künftig zahlreiche Landesgesetzen (Naturschutz, Flurverfassung etc.) das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG), das Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG) oder das Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) auf diese Bestimmung des UVP-G verweisen.
Der aktuelle Entwurf, der keinem weiteren Begutachtungsverfahren zugänglich ist, würde die Anzahl der in Österreich anerkannten Umweltorganisationen (derzeit sind dies 57) voraussichtlich deutlich reduzieren. Nach der Aarhus Konvention und den bisherigen Entscheidung des Einhaltungsausschusses ACCC wäre ein solches Kriterium, das für einen großen Teil der betroffenen Öffentlichkeit ausschließend wirkt, nicht mit dem Vertrag vereinbar. Auch europarechtlich ist diese Regelung nicht zulässig, wie der Europäische Gerichtshof im Fall Djurgården (C-263/08) bereits festhielt.
Auch unter datenschutzrechtlichen Aspekten ist die neue Bestimmung bedenklich, da die Übermittlung der Zugehörigkeit zu politisch aktiven Vereinen eine sensible Angabe ist und dafür ein Ausnahmegrund nach § 1 Abs 2 Datenschutzgesetz erforderlich ist. Zulässige Gründe sind etwa die öffentliche Sicherheit, oder die Gesundheitsversorgung. Da kein solcher Grund vorliegt, ist die Regelung nicht mit dem Grundrecht auf Datenschutz vereinbar, wie auch ein Gutachten von Prof. Ennöckl von der Universität Wien belegt. Nicht zuletzt verstößt die Bestimmung aufgrund der fehlenden sachlichen Rechtfertigung gegen das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot. Auch die grundrechtlich garantierte Vereinsfreiheit dürfte unzulässig beschnitten sein.
Diese Rechtsverstöße führen dazu, dass eine zu Unrecht nicht anerkannte Umweltorganisation im Nachhinein bereits abgeschlossene Verfahren erneut bekämpfen könnte. Das gefährdet die Rechtssicherheit von Projektwerbenden und Umweltschutzorganisationen.

Fazit
Die Intention, Verfahren effizienter zu gestalten ist verständlich und unterstützenswert. Echte Beschleunigungen wären auch durchaus möglich durch die Nutzung von Strategischen Umweltprüfungen (SUPs), die Einrichtung einer weisungsfreien Vorbehörde oder die Erhöhung der Ressourcen von UVP-Behörden (insbesondere in Hinblick auf Sachverständige). Die vorliegende Novelle ist jedoch eher dazu geeignet, zusätzliche Rechtsunsicherheit zu erzeugen und im schlimmsten Fall zahlreiche Verfahren zurück an den Start zu schicken.

 

Weitere Informationen:
Text der Novelle des UVP-G
Gutachten von ÖKOBÜRO zur UVP-G Novelle
Gutachten von Prof. Ennöckl zum Datenschutz in der UVP-G Novelle
Ergebnisse und Empfehlungen des Aarhus Compliance Committee im Fall ACCC/C/2013/81
Umweltrechtsblog-Beitrag zu den neuen Änderungen im UVP-G

Zum Originaltext; http://www.oekobuero.at/1aenderung-des-uvp-g-beschneidet-parteistellung-von-umweltorganisationen

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