titelt Ernst Sittinger in der Kleinen Zeitung vom 10.Juli 2012 und und hält fest: Im Geflecht aus Gesetz, Moral und politischer Verantwortung finden sich Österreichs Volksvertreter selten zurecht. Machrituale und Erwerbszwänge behindern die Rücktrittskultur.
Nachdem Van der Bellen bei "Bürgeraktiv" schon zweimal Thema war - VAN DER BELLEN - DER VORREITER DER "GRÜNEN" DEMOKRATIE ? und SCHÜSSEL UND VAN DER BELLEN - WAS SUCHEN BEIDE IM NATIONALRAT ? - noch einige Anmerkungen zu seiner letzten Rede im Nationalrat:
---> Spätestens bei Bekanntgabe des endgültigen Wahlergebnisses konnte ein mit durchschnittlichen kognitiven Fähigkeiten und durchschnittlichem Anstandsgefühl ausgestatteter Mensch wissen, dass die weitere politische Karriere des Alexander van der Bellen im Wiener Rathaus stattzufinden hätte, und nicht, wie es nun eineinhalb Jahre erlebt werden durfte, im Nationalrat. Mindestens ebenso verstörend war es, dass die Grünen in ihrer Partei und in den gesetzgebenden Körperschaften, die sich sonst beim kleinsten Fehltritt eines politischen Mitbewerbers vor moralischer Entrüstung (fast) selbst gefährden, sich im Falle des Alexander van der Bellen und seinem Wortbruch dieser Gefahr durch beredtes Schweigen entzogen haben.
----> Auch dieses (Grüne) Verhalten trug und trägt dazu bei, die Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit des Handelns von PolitikerInnen aller politischen Parteien bei BürgerInnen allgemein in Zweifel zu ziehen und Entäußerungen von PolitikerInnen grundsätzlich einmal unter dem Aspekt parteipolitischer Nutzenmaximierung zu sehen. Wahlen in den Parteigremien, die keine sind, weil es keine Auswahl gibt, Abstimmungsergebnisse auf Parteitagen aller Parlamentsparteien, an denen auch die Mächtigen des "Dritten Reiches" nichts mehr auszusetzen gehabt hätten, die Karrieregeilheit von Funktionsträgern in den politischen Parteien fernab jeglicher inhaltlicher Anliegen der Bürgerinnen und Bürger und eine deutlich zur Schau getragene Arroganz, dass nur die JA-SagerInnen (bzw.NEIN-SagerInnen) in den diversen Fraktionen geeignet seien, "richtige" Entscheidungen in den gesetzgebenden Körperschaften zu treffen, beleidigen Bürgerinnen und Bürger tagtäglich.
----> Jene, die eigentlich im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Nationalratsabgeord- neten stehen sollten, nämlich die Bürgerinnen und Bürger und ihre Anliegen, kommen in dieser Rede praktisch nicht vor; so bleibt eine Aneinanderreihung anekdotisch-selbstironischer Erzählungen, die zum Schmunzeln anregen können, aber auch aufdecken, wie sehr Institutionen eine Persönlichkeit verändern. Nicht zum Schmunzeln ist jedoch die (gegen Schluss) getroffene Feststellung im Zusammenhang mit den Verhandlungen über den ESM:
----> "Da haben sich legistisch für uns alle, glaube ich, völlig unerwartet Schwierigkeiten aufgetan. Wir haben gedacht, es genügt, das deutsche Modell anzuschauen; das schreiben wir mehr oder weniger ab. Das war überhaupt nicht der Fall! Die österreichische Ästhetik der Legistik ist eine ganz andere." Wer 18 Jahre im Nationalrat saß - auch als Bundessprecher seiner Partei und Klubobmann - und diese Erkenntnis erst am Ende dieser Karriere macht, deckt beispielhaft die Ignoranz jener Personen auf, die im National- und Bundesrat (und sonstigen gesetzgebenden Körperschaften) ihr Mandat ausüben und dafür zuständig sind, in allererster Linie Gesetze für Bürgerinnen und Bürger, nicht jedoch für Spezialisten in Gerichtsbarkeit und Verwaltung zu machen. Die Rechtssetzungstechnik sollte nicht nur den Technokraten in den Ministerien überlassen werden, sondern ein wichtiger Aspekt in der Tätigkeit der VolksvertreterInnen sein !
Dr. Johann Raunikar
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