Rechtsschutz der betroffenen Öffentlichkeit gilt seit 2009
Ein aufsehenerregendes Erkenntnis veröffentlichte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Ende Mai nach einer Revision von ÖKOBÜRO. Der Rechtsschutz der betroffenen Öffentlichkeit auf Basis der Aarhus Konvention besteht laut dem Höchstgericht eigentlich seit 2009. Das betrifft vor allem die Frage der rückwirkenden Anfechtbarkeit von Bescheiden vor 2018.
Maßgebend: Die EU-Grundrechtecharta aus 2009
Der Verwaltungsgerichtshof nimmt die Revision von ÖKOBÜRO und dem WWF zum Anlass, endlich Klarheit in die Frage zu bringen, wie weit das Anfechtungsrecht von Umweltschutzorganisationen nach der Aarhus Konvention reicht. Dieses Recht, über das der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Dezember 2017 gegenüber Österreich rechtsgültig entschieden hat, wurde vom Gesetzgeber im Aarhus-Beteiligungsgesetz auf eine Rückwirkung von einem Jahr beschränkt. Diese Beschränkung ist nicht zulässig, entschied der VwGH nun. Maßgeblich für das Anfechtungsrecht ist nämlich nach dem Höchstgericht die Grundrechtecharta der Europäischen Union, die bereits 2009 in Kraft getreten war. Eine Beschränkung der Rechte von Umweltschutzorganisationen, die weniger weit geht ist daher nicht zulässig.
Das bedeutet, dass die Beschränkungen in Wasserrechtsgesetz, dem Abfallwirtschaftsgesetz und den Naturschutzgesetzen der Länder nicht zulässig sind. Wichtig wäre daher jetzt eine rechtsschutzfreundliche und korrekte Umsetzung in den Gesetzen von Bund und Ländern, um weitere Probleme hintanzuhalten. Die kurze Rückwirkungsfrist hatte ÖKOBÜRO bereits bei der Begutachtung des Aarhus-Beteiligungsgesetzes im Herbst 2018 kritisiert und auf drohende Rechtsunsicherheit hingewiesen.
Hintergrund: Das Recht auf Zugang zu Gerichten
Der völkerrechtliche Vertrag der Aarhus Konvention räumt der betroffenen Öffentlichkeit – und damit auch Umweltschutzorganisationen – Zugang zu Gerichten ein. 1998 von der EU und Österreich unterschrieben, trat die Konvention 2003 in Kraft, 2005 wurde sie ratifiziert. Bis heute wurde jedoch der Zugang zu Gerichten für die betroffene Öffentlichkeit nur sehr eingeschränkt in Österreich umgesetzt. Der Europäische Gerichtshof urteilte 2017 schließlich, dass Umweltschutzorganisationen aufgrund der Wirkung der Aarhus Konvention zur Auslegung von EU-Richtlinien auch in diesen Rechtsbereichen Parteistellung und Rechtsschutz einzuräumen ist. Der EuGH greift dabei zusätzlich auf die Grundrechtecharta zurück, die in Artikel 47 das Recht auf ein faires Verfahren regelt.
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