In diesem Kampf sprach sich die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofes, Eleanor Sharpston, dafür aus, dass Umweltorganisationen bei Verfahren, die das Umweltrecht betreffen jedenfalls ein Rechtsmittel zusteht. Und sogar noch weiter, nämlich dass auch die Parteistellung im behördlichen Erstverfahren notwendig ist. Als Zugeständnis ans österreichische Rechtssystem sieht die Generalanwältin auch, dass die Präklusion von NGOs innerhalb von Artikel 9 Absatz 3 der Aarhus Konvention möglich ist. Das Urteil des EuGH in der Vorlagefrage Österreichs wird mit Spannung für die nächsten Monate erwartet.
Österreichs restriktive Rechtslage widerspricht dem Unionsrecht
In Österreich haben Umweltorganisationen abgesehen von Umweltverträglichkeits-prüfungen und IPPC-Anlagen kein Recht, an Verfahren im Umweltrecht als Partei teilzunehmen, oder die dort ergehenden Bescheide gerichtlich zu bekämpfen. Genau dieses Recht sieht jedoch die Aarhus Konvention vor, die neben Österreich auch von der Europäischen Union 2005 ratifiziert wurde. 2015 legte schließlich der Verwaltungsgerichtshof zwei österreichische Fälle dem EuGH vor und fragte, ob den Anträgen der Umweltorganisationen WWF bzw. PROTECT auf Parteistellung stattzugeben sei. Gefragt war dabei, ob aufgrund der Aarhus Konvention die Wasserrahmen-Richtlinie (2000/60/EG) so auszulegen sei, dass Umweltorganisationen rechtliches Interesse und so Parteistellung zugestanden werden müsste. Eine ähnliche Fragestellung bejahte der EuGH bereits im Vorjahr im Fall „Slowakischer Braunbär II“ (C-243/15) für die FFH-Richtlinie (92/43/EWG). Dort sah der Gerichtshof jedoch bereits die Frage nach Anwendbarkeit von Art 6 Abs 1 lit b und Art 9 Abs 2 der Aarhus Konvention gegeben und gewährte analog zu etwa UVP-Verfahren Parteistellung.
Die Generalanwältin des EuGH Sharpston sprach nun in ihren Schlussanträgen gleich mehrere Punkte an. Sie sieht die Frage der Anwendbarkeit von Art 6 Abs 1 lit b und Art 9 Abs 2 der Aarhus Konvention, also die Beteiligung in Verfahren mit potentiell erheblichen Umweltauswirkungen, durch das EuGH Urteil „Braunbär II“ ausreichend geklärt und auch auf die Ausnahmeregelung im Wasserrecht für Verschlechterungen umlegbar (Art 4 Abs 7 Wasserrahmen-RL, bzw. § 104a WRG). Für alle anderen Fälle im Wasserrecht sieht die Generalanwältin auch Art 9 Abs 3 der Konvention anwendbar und fordert die Parteistellung für Umweltorganisationen im behördlichen Verfahren, sowie die Möglichkeit von Rechtsmitteln gegen dort ergangene Entscheidungen. Die Generalanwältin sieht darüber hinaus die österreichische Regelung der Präklusion, also das Verwirken der Verfahrensrechte durch Nicht-Teilnahme am Erstverfahren innerhalb des Art 9 Abs 3 für zulässig an.
An Parteistellung führt kein Weg vorbei
Sehr deutlich drückte sich die Generalanwältin zur Frage der Parteistellung aus. Nicht nur wäre die Frage über Beteiligung in Naturverträglichkeits- und Ausnahmeprüfungen für Verschlechterungen im Wasserrecht durch das Urteil „Braunbär II“ hinreichend geklärt, sondern auch der „Zugang zu Gerichten“ nach Art 9 Abs 3 der Aarhus Konvention sei über die Parteistellung zu lösen, da dies das österreichische Rechtssystem für Rechtsschutz so vorsehe. Für ausdrücklich zulässig befand sie darüber hinaus die Konstruktion der Präklusion für Fälle im Kontext von Artikel 9 Abs 3.
Den Schlussanträgen der Generalanwaltschaft kommt zwar generell keine Bindungswirkung für Mitgliedsstaaten oder Parteien zu, der EuGH folgt jedoch im überwiegenden Fall diesen Anträgen. Mit einem Urteil ist in den kommenden Monaten zu rechnen. Wenn der EuGH der Argumentation der Generalanwältin folgt, werden Umweltorganisationen in Österreich auch außerhalb von Naturverträglichkeitsprüfungen und Ausnahmegenehmigungen nach § 104a WRG Parteistellung in Umweltmaterien zuzugestehen sein.
Weitere informationen
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