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Grünspan

Für das Demokratievorstellung von Aktion 21 ist die direkte Demokratie nur ein notwendiges Mittel im Ausnahmefall. Sie gehört wohl unverzichtbar zur demokratischen Hygiene, ihre optimale Ausformung obliegt aber denen, die in ihr das Allheilmittel schlechthin sehen. Manchmal aber muss man korrigierend in den Diskurs eingreifen, wenn sich dieser unbemerkt einer gefährlich demagogischen Sprache  bemächtigt.

Van der Bellen ante portas

Herr Professor van der Bellen steigt also wieder in den Wiener Polit-Ring. Als „Morgengabe“ singt er Lobeshymnen auf UHBM und LH und sondert eine Meinung zum Plebiszit ab, die zwar selbigen freuen wird, der aber von jedem aufrechten Demokraten energisch widersprochen werden muss.

„Die Veto-Volksabstimmung ist okay: Der Nationalrat beschließt ein Gesetz, und das Volk sagt Nein.“

Na bumm. Das klingt ja ganz nach einem Schulterschluss mit der Riege derer, die von der Obrigkeit gerne als Verhinderer bezeichnet werden. Allerdings wissen Herr Professor ganz genau, dass solche Plädoyers für Veto-Abstimmungen heiße Luft sind. Man stelle sich vor: der Nationalrat beschließt – wie immer im Husch-Pfusch-Verfahren und ohne die Betroffenen ehrlich zu konsultieren – ein Gesetz. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: entweder es tritt in Kraft und damit macht die normative Kraft des Faktischen jeden nachträglichen Einspruch – erst nach Monaten -  illusorisch, oder es tritt erst dann in Kraft, wenn das Volk befragt wurde (oder mehrheitlich auf eine Befragung verzichtet hat). An letztere Variante glauben wohl Herr Professor selber nicht, die würde – diesen Einwand kann man ja jetzt schon bei den immer mehr zurechtgestutzten UVP-Verfahren hören – jedes dringend nötige Gesetz „unerträglich lange hinauszögern“ und der gebotenen Rechtssicherheit entziehen.

Und Hand aufs Herz: wäre eine solche Veto-Abstimmung nicht ein schlagendes Argument für die Abschaffung des Bundesrates, dessen ohnedies lendenlahme Veto-Kompetenz durch einen solchen Volksentscheid noch mehr unterlaufen werden könnte?

Placebos wie diese okay-Wortspende sind also entbehrlich.

Herr Professor legen aber noch ein Schäuferl nach:

„Gesetze ohne Befassung des Nationalrats halte ich für eine gefährliche Umgehung der repräsentativen Demokratie. Ohne Nationalrat ist bei mir der Ofen aus. Wozu hätten wir Politiker, wenn sie keine Verantwortung tragen? Das ist Demokratie per Plebiszit, dann braucht man kein Parlament mehr.“

Demagogie pur, Herr Professor. Natürlich, werden Sie einwenden: meine HörerInnen wissen sehr wohl Begriffe wie „Befassung“ oder „Umgehung“ richtig zu interpretieren. Und dass Demokratie per Plebiszit ein Parlament überflüssig mache, ist ja nicht gerade eine präzise Aussage. Man kann aus ihr mancherlei herauslesen. Noch dazu so schön griffig mit „Ohne Nationalrat ist bei mir der Ofen aus“ unterlegt – das könnte so auch von einem dem Herrn Professor ganz und gar missliebigen politischen Mitbewerber kommen. 

„Befassung“ und „Umgehung“

Sie vergessen nur eines, Herr Professor: die Bevölkerung ist, nicht zuletzt dank jener Bewegung, die zu jener Partei verkommen ist, der Sie nun dienen, mündiger geworden. Es gibt genug denkende Menschen, die Demagogie-Resistenz entwickelt haben, die sehr wohl wissen, dass eine „Befassung“ des Nationalrates nicht mit „Alleinbehandlungsrecht“ des Nationalrates gleichzusetzen ist, und dass es nicht auf die Befassung, sondern auf die Letztentscheidung – nach Befassung und Mehrheitsfeststellung – ankommt. Oder haben Sie vielleicht im populistischen Eifer übersehen, dass auch Wahlentscheidungen ohne „Befassung“ des Nationalrates erfolgen, alleine und ausschließlich auf den in der Verfassung definierten und in der Wahlzelle konkretisierten Wählerwillen abgestellt? Ist das keine „Umgehung“ des Nationalrates, der ja durch diese Wahl überhaupt erst gebildet wird?

Und wenn wir schon bei den unsäglichen „Sagern“ sind: Es ist eine nicht ungefährliche Entwicklung, wenn es für Außenstehende nicht mehr so attraktiv ist, ins Parlament zu gehen, und dann kommen noch diese Ideen der plebiszitären Verfahren hinzu.“ Hoppala – „diese Ideen der plebiszitären Verfahren“, sollte so etwas ein FPler oder BZler sagen, Sie würden ihn wohl in der Luft zerreißen! Was soll denn das heißen? Sind Ideen von plebiszitären „Verfahren“ vielleicht Schnapsideen? Die Schweiz eine große Schnapsideenbude? Die Schweizer lachen sich wohl einen Ast über derartige Wortspenden der demokratiepolitisch ihnen gegenüber schwer defizitären Ösis, bei denen sich selbst die fortschrittlich gebenden Politiker von der k.u.k., ständestaatlichen und nationalsozialistischen Obrigkeitsdenkweise nicht loskommen und glauben, dass unser derzeitiges System des Fortschritts letzter Schrei sei.

Plebiszit – nein danke!

Die Grünen, deren Exponent Sie ja nun wieder in der Bundeshauptstadt sind, haben sich also von der Idee des Plebiszites unter dessen Schmähung verabschiedet. Schade. Sie haben sich damit sowohl als rechter wie auch als linker Flügel der SPÖ positioniert und nach der roten Karotte gegiert. Bei all dem, was zur Zeit an Postenschacher massiv zutage tritt, ist es freilich schwierig, zurückzustehen und auf sauber zu machen. Schließlich will man und frau ja auch über einflussreiche Positionen zur Verbreitung des guten, grünen Gedankengutes beitragen können und uns, dem angeblichen Souverän, im Verein mit UHBP und vor allem UHBM von Wien sagen, wo es in Sachen Plebiszit lang zu gehen hat: schnurstracks zurück auf den Weg des partiellen Totalitarismus, wie er von den jeweiligen Mehrheitsparteien im Nationalrat noch immer und schon wieder praktiziert wird.

Helmut Hoffmann

 

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