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Das große Gespräch

Aber auf Augenhöhe!

Wenn es nach der Politikwissenschafterin Rita Trattnigg geht, braucht die Politik keinen neuen Stil, sondern einen tiefgreifenden kulturellen Wandel.

Sie nennt diesen Wandel das Zeitalter "des großen Gesprächs", das aus einem aktiven und permanenten Zusammenwirken von Politik und Bürgern besteht.

Nur dadurch könne „jenes Vertrauen entstehen, das Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung gemeinsamer Lösungsenergie ist.“

Bürgerräte?
Eine der möglichen Methoden hierfür wären die in Vorarlberg bereits eingeführten „Bürgerräte“, in denen 16 zufällig ausgewählte Bürger in einem mehrtägigen Prozess Lösungsvorschläge zur Zukunftsgestaltung ihres Lebensumfeldes erarbeiten. Organisatorisch unterstützt könnten diese Bürgerräte, wie Rita Trattnigg meint, durch ein Büro für Zukunftsfragen wie in Vorarlberg werden.
Rita Trattnigg sagt nicht, dass dies der einzige Weg zur Partzipation sei. Es ist einer von mehreren, der den Vorteil hat, in einem Bundesland bereits zur täglichen Praxis zu zählen. Es kann auch andere Wege geben. Es ist nicht entscheidend, welcher Weg eingeschlagen wird. Entscheidend ist etwas ganz anderes.

Vertrauen braucht Ehrlichkeit
Mann kann nämlich den besten Weg zuschanden führen, wenn man es so macht wie bei den Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP): wenn man sich auf formale Kriterien zurückzieht und damit einen Beteiligungsrahmen absteckt, der so eng ist, dass er den Bürgerinitiativen, wo sich welche allen Widerwärtigkeiten zum Trotz bilden, die Kehle zuschnürt. Wo alle Beteiligten mit Ausnahme dieser Initiativen nur eines im Sinn haben: die Initiativen zum Schweigen zu bringen, über sie drüber zu fahren und sie zu verschaukeln, wo immer sich eine Möglichkeit dazu bietet. Wenn den Bürgern die Partizipation so versauert wird, dass selbst eine „Großpartei“, die ausnahmsweise einmal selbst eine Bürgerinitiative (in Wien) ins Leben rufen wollte, völlig hilflos vor dem von ihr selbst mitverantworteten Dickicht an Hindernissen stehend sehr rasch das Handtuch geworfen hat. Sie hat trotz ihres großen Apparates nicht zustande gebracht, was Dutzende Initiativen vor ihr geschafft hatten, trotz aller Hürden und Stolperdrähte.

Brüssel macht’s möglich
Es ist traurig, dass erst ein geharnischter Rüffel der EU-Kommission die Dinge in Bewegung zu bringen scheint. So lange sich da nichts bewegt, sondern im Gegenteil mit verkürzten Verfahren - „speed kills“ – operiert wird, um den ohnedies kaum vorhandenen Einfluss der Bürgerinitiativen weiter zu demontieren, braucht man nicht auf einen kulturellen Wandel hoffen. Nicht bei der Struktur der Bürgerbeteiligung ist anzusetzen, sondern bei der grundsätzlichen Einstellung der Politiker zur Partizipation. So lange diese nur schlagwortartig als etwas Gutes begrüßt und in Wahrheit als lästiges Übel empfunden wird, das es mit allen Mitteln zu verhindern gilt, solange werden selbstherrliche, alles besser wissende Politiker am Ruin unseres Gemeinwesens weitermurksen, bis es der Bevölkerung eines Tages reichen wird. Dieser Zahltag wird kommen, wenn auch – wie alles in Österreich – später als anderswo. Es sei denn, die Politiker kriegen angesichts der derzeitigen Lage die Kurve doch noch rechtzeitig. Dazu müssten sie allerdings ihre Einstellung zur den Menschen und ihren Sorgen radikal ändern.

von Helmut Hofmann

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