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(10) Bürgerbeteiligung muss inhaltlich eingeschränkt werden?

Eines der gefährlichsten und hinterhältigsten Argumente besteht in der Ansage, dass es bestimmte Themen gebe, die man einer Bürgerbeteiligung nicht anheim stellen dürfe. Dabei redet man sich auf die Verfassung aus.

 

Dabei ist es gerade die Änderung der Verfassung, die nicht nur Partizipation, sondern eine Volksabstimmung zwingend vorschreibt. Die Ausrede auf die Verfassung ist daher nicht nur falsch, sie ist auch plump. Ihre Absicht ist durchschaubar.

Natürlich enthält jede Verfassung, also auch die jedes Bundeslandes, bestimmte Einschränkungen für Plebiszite. Die Wiener Landesverfassung sieht zum Beispiel im § 112a vor, dass Wahlen der Gemeindeorgane, Gemeindeabgaben, Entgelte (Tarife), Personal- und behördliche Angelegenheiten sowie Maßnahmen, durch die in verfassungsgesetzlich geschützte Grund- und Freiheitsrechte eingegriffen würde, nicht Gegenstand einer Volksbefragung sein können.

Das heißt aber nicht, dass jede Materie, die sich finanziell auf den Landeshaushalt auswirken könnte, einem Plebiszit entzogen ist. Wer die Verfassung so interpretiert, demaskiert sich als ausgesprochener Partizipationsfeind, auch wenn er seine zur Partizipation gespendeten Worte vor Honigseim triefen.

An der Forderung nach mehr Bürgerbeteiligung gehen solche „Vorbehalte“ aber grundsätzlich vorbei. Für uns ist die Frage der Plebiszite zwar nicht uninteressant, aber weniger wichtig als die Tatsache der Beteiligungsmöglichkeit schlechthin. Die von Aktion 21 – pro Bürgerbeteiligung eingeforderte Partizipationsform betrifft vor allem die frühzeitige, ehrliche und ergebnisoffene Einbindung der betroffenen Bevölkerung in alle Vorhaben. Das Gemauschel hinter verschlossenen Türen, die „Information“ über das Ergebnis im Nachhinein. Die „Unmöglichkeit“ von Planänderungen – das sind die wunden Punkte der Demokratie, die wir beseitigt sehen wollen. Kampfabstimmungen, auch solche der Bevölkerung, sind der Weisheit letzter Schluss, wo eine rechtzeitige Einigung absolut unmöglich erscheint.

Eine solche Einbindung benötigt keine sachlichen Grenzen. Jede Beschränkung der „zugelassenen“ Themen hätte zur Folge, dass die jeweils Regierenden nur das zulassen, was ihnen in den Kram passt. Die jüngste VwGH-Entscheidung in Sachen UVP zeigt ja wieder einmal, wie das Recht des Stärkeren unverschämt missbraucht wird, wenn ihm kein starker Riegel vorgeschoben wird.

Es gibt keine Frage, kein Thema, kein Vorhaben, bei dem unsere Vorstellung von Partizipation nicht verwirklicht werden sollte! Bürgerbeteiligung ist kein Brosamen vom Tisch der Reichen und Machtgeilen – sie ist unsere ZUKUNFT!

 

Helmut Hofmann

(wird fortgesetzt)

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