Schon einmal traten wir dazu an das World Heritage Center der UNESCO mit einem von der "Alliance For Nature" verfassten "Heritage Alert" und wiesen auf die überhand nehmende touristische Nutzung, insbesondere damit einhergehenden Bauprojekte, hin. Weder auf österreichischer, noch ungarischer Seite wurden damals ausreichend Maßnahmen zum Schutz der Natur- und Kulturlandschaft getroffen. So kam es zur Bewilligung eines großen Projektes auf ungarischer Seite, während bei uns die Privatisierung durch "Seevillen" und -appartements ihren Weg nahm. Die "Resolution zum Schutz des Neusiedler Sees vor weiterer Verbauung mit Forderung nach einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung" [2], verfasst von der "Alliance For Nature", motivierte den burgenländischen Landtag immerhin zu einigen Bekenntnissen und war womöglich Mitursache, dass dem ungarischen Projekt vorläufig die Absage erteilt schien. Den Bekenntnissen des Landes Burgenland folgten entsprechende Maßnahmen jedoch zu spät oder gar nicht: erneut wurde auf ungarischer Seite die Baubewilligung für eine große Hotel- und Hafen-anlage direkt am Wasser erteilt.
Die Bezeichnung "Weltkulturerbe" scheint damit mehr Rechtfertigung für touristische Entwicklung zu sein, als das sie Schutz ist. Wir hoffen, dass mit der "Internationalen Phalanx von Umweltorganisationen", die sich mit uns dafür stark machen, den See auf die Liste gefährdeter Welterbestätten zu setzen, ein klares Zeichen gesetzt wird und das diesem Zeichen auch Taten folgen.
Foto: C Markus Stermeczki
Im Rahmen der (im September 2019 am Neusiedler See stattgefundenen) Presseschifffahrt wurde die Resolution von österreichischen sowie ungarischen Organisationen unterzeichnete und sodann an
· die Österreichische Bundesregierung
· und an die Burgenländische Landesregierung
· sowie an die UNESCO----
gesandt.
[1] Resolution (ohne Unterschriften) Klick Hier
[2] Brief an UNESCO World Heritage Centre Originalschreiben der 30 Umweltorganisationen in englischer, deutscher und ungarischer Sprache. Klick Hier
[3] Presseschifffahrt Gyula Major (Obmann des ungarischen Vereins „Freunde des Neusiedlersees“ [Fertő tó barátai]) und Alliance-Generalsekretär Christian Schuhböck bei der Unterzeichnung sowie Präsentation der „Resolution zum Schutz des Neusiedler Sees“ (© Fertő tó barátai) Klick Hier
Burgenländischer Landtag
Auf Basis der Resolution beschloss sodann der Burgenländische Landtag:
· Der Landtag bekennt sich zum Schutz und zum langfristigen Erhalt der Welterbestätte „Kulturlandschaft Fertő - Neusiedler See“ im Sinne des Outstanding Universal Value (OUV) sowie zu einer nachhaltigen, naturverträglichen und mit den Zielen des Welterbes abgestimmten Entwicklung der Region rund um den Neusiedler See.
· Die Landesregierung wird aufgefordert:
- neuerlich an die Bundesregierung heranzutreten, diese möge an die ungarischen Stellen herantreten, um eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) gemäß RL 2011/92/EU (UVP-RL) hinsichtlich des Projektes in Fertőrákos herbeizuführen.
- an das Bundeskanzleramt als nationale Welterbe-Koordinationsstelle heranzutreten, es möge mit den zuständigen ungarischen Behörden Kontakt aufnehmen, um eine potentielle negative Beeinträchtigung der Welterbestätte „Kulturlandschaft Fertő - Neusiedler See“ in Hinblick auf den Outstanding Universal Value abzuklären und die zuständigen ungarischen Behörden auffordern, mittels eines „Heritage Impact Assessments“ (HIA) die Welterbe-Verträglichkeit des Projektes in Fertőrákos nachzuweisen.
Bundeskanzleramt und Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus
Das Bundeskanzleramt teilte der „Alliance For Nature“ (mit Schreiben vom 23. Oktober 2019) mit, dass die „Resolution zum Schutz des Neusiedler Sees vor weiterer Verbauung mit Forderung nach einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung“ dem Ministerrat am 23. Oktober 2019 vorgelegt und dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus zur weiteren Veranlassung übermittelt wurde.
Das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) teilte der „Alliance For Nature“ (mit Schreiben vom 30. Dezember 2019 u.a.) mit:
Das BMNT (…) hat sich 2018 mehrmals an das ungarische Umweltministerium (…) gewendet und um entsprechende Informationen zu diesem Vorhaben ersucht. Schließlich richtete das BMNT an das ungarische Umweltministerium mit Schreiben vom 25. Oktober 2018 ein offizielles Ersuchen um Notifizierung des besagten Vorhabens nach den Bestimmungen der Espoo-Konvention. Mit Antwortschreiben vom 30. November 2018 teilte das ungarische Umweltministerium mit, dass die entsprechenden inländischen UVP-Verfahren bereits abgeschlossen seien, die darauf aufbauenden Umweltrechtsgenehmigungen erteilt worden und in Rechtskraft erwachsen seien, sodass es keine weiteren Genehmigungsverfahren mehr gäbe, an denen potentiell betroffene Länder teilnehmen bzw. nach der Espoo-Konvention notifiziert werden könnten. Die Notifizierung wurde somit versagt, es wurden nur die Bescheide der UVP-Verfahren (in ungarischer Sprache) übermittelt.
Auf weitere Anfragen (…) wurde seitens des ungarischen Umweltministeriums wiederholt mitgeteilt, dass die österreichischen Bedenken betreffend Naturschutz, Natura 2000 und Europaschutzgebiet sowie UNESCO-Weltkulturerbe in den ungarischen umweltrechtlichen Verfahren behandelt worden seien und insgesamt durch das Vorhaben keine negativen Auswirkungen zu erwarten seien.
Hinsichtlich des weiteren Vorgehens Österreichs bzw. allfälliger möglicher rechtlicher Schritte Österreichs ist festzuhalten, dass die inländischen UVP-Verfahren in Ungarn bereits abgeschlossen wurden und die diesbezüglichen verfahrensabschließenden Bescheide in Rechtskraft erwachsen sind. Diesbezüglich gibt es keine Möglichkeit mehr, ein weiteres UVP-Verfahren zu diesem Vorhaben durchzuführen bzw. durchführen zu lassen.
Prinzipiell stellen die Nicht-Einbindung eines betroffenen Nachbarstaates in ein UVP-Verfahren bzw. die Verweigerung eines grenzüberschreitenden UVP-Verfahrens für Vorhaben, die der UVP-Pflicht unterliegen und bei denen erhebliche, negative grenzüberschreitenden Auswirkungen auf Nachbarstaaten zu erwarten sind, Verletzungen von Rechten aus der Espoo-Konvention und der EU-UVP-Richtlinie dar.
Für eine allfällige Geltendmachung dieser Rechte käme letztlich nur eine Anrufung der Europäischen Kommission in Frage. Eine unmittelbare Anrufung des für Vertragseinhaltungsfragen sonst zuständigen Implementations-Komitees der Espoo-Konvention ist für EU-Mitgliedsstaaten ausgeschlossen, da diese anlässlich der Ratifizierung der Espoo-Konvention vereinbart haben, sich bei allfälligen Konflikten und Streitfragen direkt an die Europäische Kommission zu wenden. Für solch einen Schritt wäre aber das Bundeskanzleramt zuständig. (…)
Umweltorganisationen bleibt es unbenommen, sich mit entsprechenden Vorbringen und Behauptungen von Rechtsverletzungen (z.B.: mangelnde Öffentlichkeitsbeteiligung) an das Implementations-Komitee der Espoo-Konvention zu wenden, um diesen Fall dort anhängig zu machen.
„World Heritage Watch Report 2020“ > UNESCO
Im „World Heritage Report 2020” veröffentlichten (im Frühjahr 2020) „Alliance For Nature” (Christian Schuhböck) und das „Wildland Research Institute“ (Zoltán Kun) einen ausführlichen Bericht unter dem Titel „Tourismusentwicklung bedroht die Kulturlandschaft Fertő-Neusiedler See“ und sandten diesen im März 2020 an
· Frau Mechtild Rössler, Direktorin des UNESCO-Welterbe-Zentrums,
· Herrn Toshiyuki Kono, Präsident von ICOMOS International
· und andere hochrangige Funktionäre der UNESCO und ICOMOS International.
Im April 2020 bestätigte Frau Mechtild Rössler gegenüber der „Alliance For Nature“ den Erhalt des Berichtes und teilte mit, „I trust that the Europe team is on it.“ („Ich vertraue darauf, dass das Europa-Team dabei ist.“)
Konsequenz:
„Aufgrund dieser äußerst unbefriedigenden, zugleich aber bedrohlichen Entwicklung für den bedeutendsten Steppensee Europas – nämlich dass
· einerseits die Österreichische Bundesregierung, die Burgenländische Landesregierung als auch die UNESCO sehr ausführlich über die Verbauung des Neusiedler Sees mit Tourismusprojekten informiert wurden,
· andererseits aber weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene wirksame Maßnahmen ergriffen werden, um das Welterbe „Kulturlandschaft Fertő/Neusiedlersee“ vor dieser rasant zunehmenden Bedrohung zu schützen,
· die mit der Baubewilligung des Tourismusprojektes in Fertőrákos einen nunmehrigen Höhepunkt erreicht hat,
sahen wir uns gezwungen, diesen doch recht außergewöhnlichen Schritt gemeinsam mit zahlreichen weiteren Umweltorganisationen aus der ganzen Welt zu setzen“, begründet Alliance-Generalsekretär Christian Schuhböck diese Offensive auf internationaler Ebene.
„Internationale Phalanx von Umweltorganisationen“ und Forderung an das UNESCO-Welterbe-Komitee
„Damit soll auch gezeigt werden, welchen Stellenwert der Neusiedler See für die Völkergemeinschaft einnimmt“, untermauert der Landschaftsökologe und Naturschützer das nunmehrige Vorgehen dieser „Internationalen Phalanx von Umweltorganisationen“ und erwartet sich, dass die „Kulturlandschaft Fertő-Neusiedlersee“ aufgrund dieser bedrohlichen Tourismusprojekte-Entwicklung rund um diesen außergewöhnlichen und für ganz Europa bedeutenden Steppensee bei der nächsten Sitzung des UNESCO-Welterbe-Komitees auf die Rote Liste gefährdeter Welterbestätten gesetzt wird.
Rückfragehinweis:
Prof. DI Christian Schuhböck
ALLIANCE FOR NATURE (AFN)
Generalsekretariat
A-1160 Wien, Thaliastraße 7
Tel.: +43 676 419 49 19
Email: office@AllianceForNature.at
www.AllianceForNature.at
Zoltán Kun
Wilderness Advocate, WCPA member
Tel: +36 20 360 68 86
Email: save.ferto.lake@gmail.com
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