1) Die BürgerInneninitiative "Allianz gegen die S7" hat zum VIERTEN Mal die Verordnung verkehrsbeschränkender Maßnahmen auf der B 319/B 65 bei den Behörden beantragt; dazu die Aussendung im Anhang und auf www.buergeraktiv.at !
2) Unser Mitstreiter Franz Köck hat mich auf ein Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof (ausgelöst durch eine Anfrage des österreichischen Obersten Gerichtshofes) aufmerksam gemacht und mir dazu die Stellungnahme der Kommission übermittelt. Nun liegt auch der Schlussantrag der Generalanwältin Kokott vor. Die Dokumente sind angeschlossen.
Meine Darstellung dazu:
A) Zunächst eine grundsätzliche Erklärung zum gegenständlichen Verfahren vor dem EuGH:
1) Der österreichische Oberste Gerichtshof als letzte Instanz in Zivilrechtssachen hat beim EuGH angefragt (=Vorabentscheidungsverfahren), ob sich aus der Verletzung der EU-Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtlinie Schadenersatzansprüche ableiten lassen.
2) In diesem Verfahren hat zuerst die Europäische Kommission eine Stellungnahme (die Sie mir übermittelt haben) abgegeben, nun hat die Generalanwältin ihre Schlussanträge gestellt. Irgendwann ( normalerweise sechs Monate bis ein Jahr) wird der EuGH sein Urteil sprechen.
B) Zum Inhalt des rechtlichen Problems:
Eine Anrainerin des Flughafens Wien-Schwechat (Österreich) besitzt ein Haus in der Nähe. Während der Geltung verschiedener Fassungen der UVP-Richtlinie wurde dieser Flughafen durchunterschiedliche Ausbaumaßnahmen verändert, ohne dass die Umweltauswirkungen gemäß der EU-UVP-Richtlinie untersucht wurden. Die Anrainerin fordert nun vom österreichischen Staat und vom Land Niederösterreich Schadensersatz für den Wertverlust ihres Anwesens aufgrund des Fluglärms und begründet diesen Anspruch damit, die Umweltauswirkungen der Ausbauvorhaben hätten nach der Richtlinie geprüft werden müssen.
C) Der österreichische Oberste Gerichtshof fragt nun beim EuGH an, ob Art. 3 der EU-UVP-Richtlinie dahin auszulegen ist, dass
--- der Begriff „Sachgüter“ nur deren Substanz oder auch deren Wert erfasst;
--- die Umweltverträglichkeitsprüfung auch dem Schutz des Einzelnen vor dem Eintritt eines Vermögensschadens durch Minderung des Werts seiner Liegenschaft dient?
D) Die EU-Kommission legt in ihrer Stellungnahme vom 1.12.2011 dar:
--- dass ihrer Meinung nach der Begriff "Sachgüter" nicht nur die Substanz einer Sache sondern auch deren Wert umfasst;
--- dass die EU-UVP-Richtlinie auch dahingehend auszulegen ist, dass eine betroffene Person Ansprüche aus einem Vermögensschaden durch Verminderung des Wertes einer Liegenschaft geltend machen kann.
E) Die Generalanwältin Kokott schließt sich dieser Stellungnahme NICHT an, sondern löst die aufgeworfenen Fragen wie folgt:
--- die Umweltverträglichkeitsprüfung nach der EU-UVP-Richtlinie schließt nicht die Auswirkungen des untersuchten Projekts auf den Wert von Sachgütern ein
--- Schadenersatzansprüche nach der EU-UVP-Richtlinie setzen voraus, dass die betroffene Öffentlichkeit wegen Fehlern bei der Anwendung der Richtlinie nicht ausreichend über die zu erwartenden Umweltauswirkungen unterrichtet wurde.
F) In Normaldeutsch: Erhebliche Verfahrensfehler bei der Abwicklung einer UVP oder aber gänzliches Unterbleiben einer UVP müssen aufgetreten sein, um einen allfälligen Schadenersatzanspruch, der nach nationalem Recht zu beurteilen ist, auszulösen. Die Position der Generalanwältin geht also deutlich hinter die Position der EU-Kommission zurück. Man (vor allem die Klägerin in Österreich) muss nun abwarten, wie der EuGH entscheidet.
Weitere Informationen vom EuGH sind derzeit nicht verfügbar.
Es schaut also nicht mehr so gut aus, wie sich es aus der Stellungnahme der Kommission ableiten ließ, aber vor Gericht und auf hoher See weiß man halt nicht, wie die Sache ausgehen wird: ich war zwar noch nie auf hoher See, aber lange genug in der Justiz tätig, sodass ich dieser "Weisheit" eine gewisse Evidenz nicht absprechen kann.
Liebe Grüße
Johann Raunikar
Zur 4. Antrag gemäß § 43 Abs.2 StVO KLICK HIER
Zum Schlussantrag der Generalanwältin Juliane Kokott vom 8. Nov. 2012 KLICK HIER
Zur Stellungnahme der EU Kommission vom 1.Dez. 2011 KLICK HIER
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