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Warum Bürgerbeteiligung?

Die Diskussion über mehr Bürgerbeteiligung reißt auch in Österreich nicht mehr ab.

Hier setzt sie, wie alles, nur langsam und nicht mit voller Wucht ein. Aus der Bevölkerung kommen gute Vorschläge, zu einer Wahlrechtsreform, zu mehr direkter Demokratie und, viel wichtiger, wenn auch weniger beachtet, zur partizipativen Demokratie.

Der Druck, die Bevölkerung mitreden und mitentscheiden zu lassen, nimmt zu. Und schon lauern die Feinde der Bürgerbeteiligung von links und von rechts. Gekonnt lenken sie ab von dem, was Sache ist. Sie faseln von den Gefahren der direkten Demokratie, von der möglichen Wiedereinführung der Todesstrafe, von der Abschaffung der Steuern und gar von der Ausschaltung des Parlaments, als hätte uns nicht gerade dieses 1933 das Kunststück der Selbstausschaltung - unter tatkräftiger Mitwirkung aller Parteien - vorexerziert. Sie gehen sogar so weit zu behaupten, die Bevölkerung sei noch nicht reif und mündig genug für eine Beteiligung an demokratischen Prozessen, wie sie in der Schweiz selbstverständlich ist – als wolle man damit sagen, dass die Ösis halt noch viel dümmer als ihre westalpinen Nachbarn seien. Die so daherreden übersehen dabei geflissentlich, dass sie selbst durch beharrliches Verweigern jeder echten Partizipation Schuld daran tragen, dass ein Teil der Bevölkerung in Sachen Beteiligung nicht so versiert ist wie die Schweizer, die darin eine jahrhundertlange Tradition haben. Wer seine Kinder gezielt unter einem bevormundenden Quargelsturz erzieht, darf natürlich keine selbständig denkenden und handelnden Erwachsenen erwarten – und meistens steckt da sogar ein menschenverachtendes Kalkül dahinter.

Lernen Sie Geschichte!

Wer die Geschichte der Demokratie auch nur ein klein wenig kennt, wird wissen, dass sich das Volk seine Mitsprache fast immer – oft um den Preis einen hohen Blutzolls – erkämpfen musste. Die Regierenden scheuen naturgemäß davor zurück, etwas von ihrer Macht an jene zurückzugeben, aus deren Händen sie sie bekommen haben. Sie handeln dumm und kurzsichtig. Hätten sie ein Gespür für die Zukunft, wären sie dankbar, dass die Bevölkerung aufbricht, einerseits einen Teil der immer drückender und schwieriger werdenden Regierungsverantwortung selbst zu übernehmen und andererseits aber auch darauf zu bestehen, dass Machtmissbrauch, von wem auch immer er kommt, geahndet wird.

Demokratiefeindlicher Populismus

Gezielt wird von der eigentlichen Sache dadurch abgelenkt, dass nur von jenen Grundsatzentscheidungen gesprochen wird, die vielleicht einmal in 10 Jahren anstehen. Atomkraft ja oder nein, EU-Beitritt ja oder nein: das sind selbstredend sehr wichtige Fragen. Wenn man aber so tut, als müsse man sich mit allen möglichen Mitteln dagegen absichern, dass jede Woche so eine Entscheidung ansteht, dass eine Minderheit der zur Abstimmung Schreitenden eine (am Thema uninteressierte) Mehrheit überstimmen könnte, oder dass ein solcher Volksentscheid Menschenrechte verletzen könnte, praktiziert genau jenen Populismus, den er durch dauernde Warnungen vor allzu viel Beteiligung zu verhindern vorgibt. Dass der Bundespräsident zu ihnen zählt, macht die Sache nur noch schlimmer. Da werden längst überholte Demokratievorstellungen als Waffe gegen eine längst fällige demokratische Weiterentwicklung eingesetzt. Das macht den düpierten Bürgerinnen und Bürgern die Kaste der professionellen Politiker von Tag zu Tag unsympathischer und lässt das durch zahlreiche Korruptionsfälle ohnedies schwer angeschlagene Vertrauen in ihre Redlichkeit völlig schwinden.

Demokratie beginnt an der Basis

Mit durchschaubarer Absicht redet man über Dinge, die das kleine Österreich ohnedies kaum beeinflussen kann, schweigt aber dazu, wenn es gilt, die Bevölkerung in die Fragen einzubinden, die vor ihrer Haustüre entstehen. Dabei wissen wir aus Untersuchungen, dass man gerade mit solchen Fragen wesentlich mehr Menschen mobilisieren kann. Die Dinge, denen man täglich begegnet, mit denen man leben oder auch nicht leben möchte, weil sie von direktem Einfluss auf die Lebensqualität sind, werden der Diskussion mit der Bevölkerung gezielt entzogen. Jene Gruppen- oder Individualinteressen, die man bei solchen Fragen den Betroffenen vorhält, sind nur dann zu berücksichtigende Interessen, wenn sie von zahlungskräftigen Investoren und mit diesen verbandelten Politikern kommen. Wo das hinführt, kann man ja derzeit in Kärnten sehr genau studieren. Auch dort wurden weitreichende Entscheidungen über die Köpfe der Bevölkerung hinweg getroffen, und nicht nur dort. Auch für eine BAWAG, eine Bank Bürgenland oder einen Skylink zahlt nicht die hohe Politik, sondern die Bevölkerung – und nicht gerade wenig. Hätte man sie in diese Abenteuer rechtzeitig eingebunden, wäre es vielleicht gar nicht erst dazu gekommen.

H. Hofmann

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