Nun, bereits beim von der durchaus nicht FP-nahen PORR (und für die PORR) initiierten sogenannten Vienna City Tower – heute Justizzentrum – wurde man eines Schlechteren belehrt. In einer seltsamen Allianz des Bauträgers mit FPÖ-Justizminister Böhmdorfer wurde der Bau durch den Abschluss eines langfristigen Mietvertrages mit der Republik Österreich überhaupt erst ermöglicht. Dieser brachte einem FP-nahen Vermittler nicht nur eine ansehnliche Summe ein, sondern diente auch als Grundlage für die „Konzentration“ diverser Gerichte an einem Ort. Für die Republik und damit für den Steuerzahler ein schlechtes, für die Nutznießer am Bau des VCT ein gutes Geschäft. Der Rechtsstaat bekam bei der begleitenden Beseitigung rechtlicher Hindernisse sein Fett ab.
Heute steht das Hochhaus-Ungetüm als Fanal für undurchsichtige Packelei auf höchster politischer Ebene. Doch damit nicht genug: nun verlautet, dass auch über dem Areal Wien-Mitte 34.000 m², also der Löwenanteil der geplanten und bislang nicht an den Mann gebrachten Büroflächen, für die Wiener Finanzämter angemietet werden soll. Langfristig natürlich, um die Finanzierung zu sichern. Ein letzter Rettungsanker für einen sich immer mehr als Millionengrab herausstellenden Prestigebau? Wogegen ja im Grunde nichts einzuwenden wäre, bestünde die Sicherheit, dass die frei werdenden Gebäude der Republik ebenso viel bringen, als die neuen kosten, dass die mit dieser Ämterkonzentration verbundene Einsparung nicht etwa dazu dient, einen allfälligen Preisunterschied gegenüber den derzeitigen Bürokosten auszugleichen, sondern echt unter „Verwaltungsreform“ verbucht werden kann, und dass der Großmieter – wie das jeder andere auch machen würde – jene Bedingungen für die Ausgestaltung des Umfeldes stellt, welche sowohl die dort arbeitende wie auch die anrainende Bevölkerung sich zu wünschen ein gutes Recht hat. Denn wenn der Bau entgegen allen früheren Vorspiegelungen und Beteuerungen nun doch überwiegend aus öffentlichen Mitteln gespeist wird – auch für die Freimachung der Markthalle griff ja die Stadt Wien tief in die Tasche –, ist endgültig Schluss mit der Augenauswischerei, dass man einem „privaten Betreiber“ nicht vorschreiben könne, wie er einen Bau auszugestalten habe, bei dem alle gesetzlichen Auflagen erfüllt würden. Abgesehen davon, dass der zur Wien-Holding gehörende Bauträger nur juristisch, nicht aber wirtschaftlich als „Privater“ angesehen werden kann, lehrt das Beispiel des Vienna City Tower, dass für eine Behörde sehr wohl andere bauliche Voraussetzungen erforderlich sind als für ein von Privatunternehmungen beanspruchtes Bürohaus und dass der Bauträger solchen Änderungswünschen eben nachzukommen hat, will er seinen Mieter nicht verlieren. Vorausgesetzt, es geht alles mit rechten Dingen zu, ohne Packelei auf dem Rücken der Öffentlichkeit.
Im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen im Umfeld des Ex-Finanzministers Grasser heißt es: „Bei Privatisierungen oder wenn Unterkünfte für die Finanz, die Justiz oder die Unis gebraucht wurden“, hätte es „keine Geschäftsabwicklung ohne Zahlungen an gewisse Leute“ gegeben.“ Da fragt sich halt nur, auf welchem Mist die Unterkünfte für die Finanzämter im Projekt Wien Mitte, das heißt die Zusammenlegung mehrerer Wiener Finanzämter an diesem sündteuren Ort, lange nach Grasser, gewachsen sind? Oder ist das, was da im rot-schwarzen Dunstkreis ausgemauschelt wurde, um das Projekt vor einem vorhersehbaren Desaster zu retten, so mudelsauber, dass man gar nicht auf die Idee kommen dürfte, es wäre bei der Korruptionsvermutung mitgemeint? Und selbst der Justizturm, der ja auch mit apostrophiert wurde, war alles nur keine Grasser’sche Erfindung. Die, die damals mit den un-bedarften Kubaturen hausieren gegangen sind, waren nicht die Grassers, Plechs oder Maischbergers, das waren ganz andere Leute. Über sie wird nach wie vor geschwiegen, von allen. Und weil zwar nicht die Täter, wohl aber die Tat benannt werden soll, bedient man sich des Prügelknaben, dem man das Kuckucksei unterschoben hatte. Er heißt – erraten – K.H. Grasser. Dem mag man, zu Recht oder auch nicht, so manches vorwerfen. Der Vorwurf von Schandtaten, die andere begangen haben, wirft allerdings ein schräges Bild auf jene, die ihn wider besseres Wissen gegen ihn erheben. Das ist ja nicht gerade etwas Neues – Kreiskys „Lernen Sie Geschichte“ fällt einem dazu ein.
Bleibt die Frage offen: warum hat man, lange vor Grassers Erscheinen auf der politischen Bildfläche, stets so sehr betont, dass „kein Schilling an öffentlichen Geldern in den Bau fließen“ würden? Um den Menschen vorzulügen, dass die Öffentlichkeit auf das Projekt keinen Einfluss nehmen könne? Oder ganz einfach deshalb, weil man nicht sehen wollte, dass es so kommen würde, wie es gekommen ist und wie es die Bürgerinitiative schon im Dezember 1999 vorausgesagt hatte?
Das von gewissen Politikern erhobene Klagelied über das verschwundene Vertrauen der Bevölkerung ist angesichts solcher Tatsachen schlicht und ergreifend unverschämt. Vielleicht sollte man es dort suchen, wo Anstand und Moral nicht nur in Worten, sondern in erkennbaren Taten zu ihrem Recht kommen. Das jämmerliche Gefeilsche, wie viel man der Bevölkerung an Beteiligung zugestehen könne oder wie viel Korruption man schließlich doch zulassen müsse, lässt nichts Gutes erwarten.
H. Hofmann
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