Fall Nr.1: Gefragt wurde, welche Frist einer Bezirksvertretung für die Stellungnahme zu einem Flächenwidmungsplan eingeräumt worden war.
Die betreffende Bezirksvorstehung sowie der Wiener Berufungssenat verweigerten die Auskunft u.a. mit der Begründung, die Frage sei mutwillig und ohne erkennbares Interesse gestellt worden. Pikanterweise war nach diesem Interesse nie gefragt worden. Seine Bekanntgabe ist auch nicht gesetzlich gefordert. Der Wiener Berufungssenat meinte weiters: „zudem könnten viele solcher Fragen zu einer Überlastung der Behörde führen.“
Für jeden, der bis drei zählen kann, muss klar sein, dass nicht die gestellte Frage, sondern die Verweigerung ihrer Beantwortung ein übles Beispiel für Mutwillen der Behörde darstellt, die damit zu erkennen gibt, wie wenig sie eine gesetzliche Verpflichtung ernst zu nehmen gedenkt. Dass eine Flut gleicher Fragen durch viele Bürgerinnen und Bürger zu einer Überlastung der Behörde führen könnte, ist zudem reine Spekulation, denn einen Fall, der auch nur in die Nähe eines solchen Szenario geführt hätte, hat es in der 27-.jährigen Geschichte der Auskunftspflicht nie gegeben.
Wien ist anders...
Offenbar ist für die Stadt Wien jede Anfrage, die nicht schon aus anderen amtsgeheimen Gründen verweigert werden kann, mutwillig und ohne erkennbares Interesse, Das heißt: verweigert wird auf jeden Fall, denn „sonst könnt’ da ja jeder kommen.“
Letzte Meldung:
Der Verwaltungsgerichtshof hat der Beschwerde gegen die Entscheidung des Wiener Berufungssenates stattgegeben und die Stadt Wien zum Ersatz der Anwalts- und Verfahrenskosten verurteilt. Wer diese zahlt? Natürlich wir, die Steuerzahler. WIR Bürgerinnen und Bürger sind es, die für den Mutwilllen einer außer Rand und Band geratenen Behörde zahlen!
Fall Nr. 2: Gefragt wurde, aus welchen Gründen Anrainern die Parteienstellung in einem Bauverfahren versagt wurde und nach der unzulänglichen Auskunft ein begründeter schriftlicher Bescheid verlangt.
Die Antwort war zugleich eine Falle. Sie bestand aus einem „Bescheid“ bezeichneten und mit allen Merkmalen eines solchen ausgestatteten Schriftstücks, das dem Anfragenden zugestellt wurde, aber inhaltlich nicht direkt an ihn gerichtet, sondern allgemein gehalten war. Dadurch war es nach herrschender Rechtsansicht kein Bescheid, sondern eine nicht bekämpfbare bloße Mitteilung, gegen die es kein Rechtsmittel gibt.
Umgekehrt kleiden Behörden ihre Antworten an Auskunftsuchende oft in harmlose Mitteilungen, ohne auf deren Bescheidcharakter hinzuweisen. Nach herrschender Rechtsansicht sind diese Mitteilungen aber auch dann Bescheide, wenn sie nicht als solche bezeichnet werden. Erkennt man dies nicht und versäumt die Berufungsfrist, kann man dagegen nicht mehr berufen.
Wien ist anders...
Die Stadt Wien lässt dabei den Anfragenden anrennen wie im Märchen der Igel den Hasen.
Frech und offen wird dabei die Geringschätzung des Bürgers zur Schau getragen. Er wird – wie im Vormärz – als latenter Feind der herrschenden Obrigkeit und ihrer Rathauskamerilla behandelt.
Zynisch ist dabei der Verweis auf eine mögliche Überlastung durch Anfragen, weil sich der Bürger, bevor er um eine Auskunft ersucht, ohnedies zuerst durch ein Gestrüpp bundes- und landesgesetzlicher Vorschriften durchkämpfen muss, um dann von einer hohnlachenden Behörde mit einem Federstrich abgeschasselt zu werden.
Zynisch und frech zugleich aber ist der Versuch, die dabei von der Behörde immer wieder eingesetzten Stolpersteine auch noch verfassungsrechtlich einzementieren zu wollen. Er lässt, so lange wirksame Bürgerbeteiligung noch in weiter Ferne scheint, nur einen Weg offen: den der Abwahl der für ein derart frivoles Spiel mit dem Bürger politisch Verantwortlichen.
Helmut Hofmann
Dez.2014
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