Rein zufällig „stolperten“ wir über ein Emissionsprotokoll der Papierfabrik Hamburger GmbH für den bestehenden Wirbelschichtkessel 4 für das Jahr 2005.
In diesem Kessel darf die Firma seit 1992 neben Kohle zur Erzeugung von Prozessdampf für die Papierproduktion auch den Klärschlamm aus der eigenen Kläranlage (ca. 10.400 t pro Jahr) mit verbrennen.
In diesem Protokoll berichtet die Firma, dass 2005 jedoch 58.990 t Klär-schlamm, also die nahezu 6-fache der genehmigten Menge, verbrannt wurden.
Wir meinten, dass sich dieser „Fehler“ sicher aufklären lässt und wandten uns am 23.5.2006 in einem Schreiben an den Umweltanwalt in St. Pölten. Dort passierte einmal 3 Monate lang gar nichts, erst durch scharfe Urgenz unsererseits kam „Bewegung“ in die Sache.
So teilte uns das Lebensministerium am 3.1.2007 mit, dass die Firma Hamburger ihren Anlagenkonsens überschritten hat und ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet wird.
Die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen – Dr. Zimper – stellte dieses Verfahren wieder ein, da „keine negative Beeinflussung des Emissions-Verhaltens gegeben ist“.
Nun folgte eine außergewöhnliche „Aktion“ des Amts der NÖ Landesregierung – Mag. Norbert Haring.
Am 29.1.2007 erließ Haring einen Feststellungsbescheid, wonach „für die Mitverbrennung der Abfälle im Wirbelschichtkessel …eine Genehmigung im Ausmaß von 45.135 t/a besteht.“
Wir (Verein APFEL) haben diesen Bescheid, der nur an Hamburger, jedoch nicht an die beiden Standortgemeinden ging, angefordert.
Am 13.11.2007 informierte uns Haring, dass der angeforderte Bescheid über die Erhöhung der Klärschlamm-Menge „kein Umweltdatum darstellt“.
Das heißt also im Klartext, wir dürfen nicht Einsicht nehmen.
Wir haben dagegen berufen.
Mehr als ein Jahr später, am 16.12.2008 ließ uns der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ per Bescheid wissen, dass der am 13.11.2007 ordnungsgemäß zugestellte Bescheid RU4-A-170/061-2007 gar kein Bescheid ist, sondern nur eine „Erledigung (bezeichnet als Bescheid).“
„Die angefochtene Erledigung ist jedoch mangels eines tauglichen Adressaten kein Bescheid. Gegen eine derartige Erledigung ist daher auch keine Berufung möglich“
lässt uns der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ wissen.
Jetzt sind wir aber total verwirrt.
Ein offizieller Bescheid der NÖ Landesregierung, der ordnungsgemäß per Rsb - Brief an den Adressaten zugestellt worden war, ist 13 Monate später plötzlich kein Bescheid mehr, sondern wird in „Erledigung“ umbenannt?
Wir haben den Feststellungsbescheid vom 29.1.2007, den man auf keinen Fall herausgeben will – der uns allerdings trotzdem vorliegt - näher unter die Lupe genommen:
Es handelt sich um einen Feststellungsbescheid aufgrund eines Antrages der Firma Hamburger.
Ein Feststellungsbescheid kann nur eine bestehende Rechtslage wiedergeben, er kann sie nicht gestalten. Dazu ist ein Genehmigungs-bescheid erforderlich.
Eine Genehmigung zur Verbrennung von 45.135 t Klärschlamm pro Jahr wurde jedoch nie erteilt.
In einem Schreiben vom 26.Juni 2007 schiebt Haring den Ball der BH Neunkirchen zu. Demnach hat ihm „die BH im Zuge der Abtretung (Anm.: an die NÖ Landesregierung im Oktober 2006) diese Menge genannt. Die Abteilung Umweltrecht ist also nicht die genehmigende Behörde“ lässt er uns wissen.
Wir fragten deshalb nochmals bei der BH Neunkirchen an. Von dort (Sachbearbeiter Dr. Cernelic) erhielten wir am 2.8.2012 folgende Stellungnahme:
Der Konsens des Klärschlammeinsatzes im Wirbelschichtkessel 4 ist durch den Feststellungsbescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 29.1.2007,RU4-K-35/016-2007 geregelt.
Also, da soll sich noch einer auskennen:
Die NÖ Landesregierung erstellt einen Feststellungsbescheid, ist aber nicht die Bescheid gebende Behörde. Die BH Neunkirchen hat auch keine Genehmigung erteilt. Ihrer Meinung nach ist die Menge des Klärschlammeinsatzes durch die NÖ Landesregierung geregelt.
Also war es letztendlich keiner, der Hamburger genehmigt hat, im Wirbelschichtkessel 4 jährlich 45.135 t oder auch mehr * Klärschlamm zu verbrennen..
*In diesem Feststellungsbescheid zitiert die Behörde auf Seite 5 auch noch den „Hinweis der Firma Hamburger, dass die genehmigte Abfallverbrennungs-kapazität auch wesentlich höher angesetzt werden könnte“.
Vielleicht sollte Hamburger in Zukunft seine Bescheide gleich selbst ausstellen!
Wir wollten die Angelegenheit nicht einfach so hinnehmen, also schrieben wir am 29.08.2011 eine Richtigstellung an Frau Bezirkshauptmann Mag. Grabner-Fritz.
Frau Mag. Grabner-Fritz erachtete es bis heute als nicht notwendig, auf unser Schreiben zu antworten.
Theme by Danetsoft and Danang Probo Sayekti inspired by Maksimer