Man kann über die Salzburger Freileitung verschiedener Meinung sein. Jeder kann sie gutheißen oder ablehnen. Wenn es auf jeder Seite gute Gründe gibt (auch subjektive Gründe können gute Gründe sein), dann ist es gescheiter, einen Konsens herbeizuführen, als die Mehrheitskeule zu schwingen.
Das gilt auch für den Fall, dass die Mehrheit GEGEN die Freileitung sein sollte. Denn auch wenn der Salzburger Arbeiterkammerpräsident in einem den Salzburger Nachrichten gegebenen Interview frischweg behauptet, die schweigende Mehrheit akzeptiere die Freileitung, muss dies noch lange nicht den Tatsachen entsprechen. Wäre er sich seiner Sache so sicher, könnte er es ja auf eine Bürgerbefragung ankommen lassen. Hochmögende Herrschaften behaupten erwiesenermaßen nicht selten etwas, das sich im nachhinein als unwahr herausstellt.
Terroristische AK-Mitglieder?
Der Herr Kammerpräsident, befragt, ob ihm der Protest von über tausend betroffenen Anrainern egal sei, meinte zwar: „Nein“, fügte aber in einem Atemzug hinzu, „dies sei eine tobende Minderheit und es könne nicht den Terror der Minderheit geben.“
Schluck. Nicht wenige dieser Terroristen sind Mitglieder – Zwangsmitglieder versteht sich – jener Kammer, die er für die seine – sein persönliches Eigentum – zu halten scheint. Denen als Zwangsmitglieder nichts anderes zu tun übrig bleibt, als die Kammerfunktionäre bestimmen. Wie weiland im Ostblock - ohne nach ihrem Willen gefragt zu werden - in der Arbeiterkammer organisierte Terroristen sozusagen. Die brauchen ja nur ein wenig die Geschichte der Ostblockstaaten studieren, um zu wissen, wie ihnen ihr „Terrorismus“ – so pflegte man jegliche Auflehnung gegen das Regime in der DDR zu bezeichnen – von „oben“ vergolten würde. Was wiederum erklärt, warum Menschen in großer Zahl – es muss ja nicht gerade die Mehrheit sein – das Schweigen der offenen oder versteckten Maßregelung vorziehen.
Demaskierende Beschimpfung
Nein, Herr Kammerpräsident. Das ist KEINE tobende Minderheit, das sind KEINE Terroristen. Versuchen Sie nicht den Spieß umzudrehen.. Das sind lediglich Menschen, die sich dagegen zur Wehr setzen, dass in einer Demokratie – die wir doch zu sein vorgeben – Menschen wie Sie über die Meinung anderer einfach drüberfahren, anderen zeigen, wie wenig Sie von ihnen halten, dabei die virtuelle Mehrheitskeule schwingen und – was am schwersten wiegt – Bürgerinitiativen als Terroristen denunzieren. Ihre Sprache ist verräterisch. Sie verrät, wie Sie über Demokratie denken. Demokratie heißt zu Deutsch Volksherrschaft. Ich weiß schon, die funktioniert nur durch gewählte Repräsentanten, daher auch der Name repräsentative Demokratie. Repräsentativ bedeutet aber, Stimme des Volkes zu sein, bedeutet, in dessen Namen und nicht im eigenen Namen zu handeln.
Die einzige Konsequenz
Als gewählter Vertreter einen wie auch immer großen Teil der Wählerschaft, der sich nichts zuschulden kommen hat lassen, was auch nur im entferntesten an kriminelle Aktivitäten – genau das versteht man nämlich unter Terrorismus – gemahnt, ist so letztklassig, dass es für einen Menschen mit Anstand nur einen Weg gäbe: sich zu entschuldigen und den Hut zu nehmen. Denn es ist den vielen – unfreiwilligen - Mitgliedern einer Arbeiterkammer nicht zumutbar, von einem Präsidenten „geleitet“ zu werden, der seine eigenen Wähler, der das Wahlvolk, das nicht nach seiner Pfeife tanzt, als Terroristen beschimpft und damit zeigt, wie abschätzig er über Demokratie denkt.
Helmut Hofmann
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